Research Article |
Corresponding author: Kerstin Rötzler ( roetzler@gfz.de ) Academic editor: Jan-Michael Lange
© 2025 Kerstin Rötzler.
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Citation:
Rötzler K (2025) Die geologische Entwicklung und Metamorphose im Erzgebirge, Ein Exkursionsführer durch das Erzgebirge. Geologica Saxonica – Journal of Central European Geology 71: 31-59. https://doi.org/10.3897/gs.71.e147496
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Der Exkursionsführer gibt am Beispiel von zwölf ausgewählten Aufschlusspunkten einen Überblick zur komplexen Entstehungsgeschichte des Erzgebirgskristallins. Die Zuordnung der geologischen Aufschlusspunkte zur jeweiligen metamorphen Einheit erfolgt durch eine Zusammenführung und Interpretation geochemisch-lithologischer-, petrologischer- und tektonischer Untersuchungsergebnisse und anhand von Altersdaten. An den Aufschlusspunkten werden Vergleiche zu angrenzenden geologischen Einheiten, wie zur Lausitz, zum Frankenberger Zwischengebirge und zum Münchberger Massiv hergestellt. Entlang eines vom Ost- zum mittleren Erzgebirge verlaufenden Profils können vom Liegenden zum Hangenden die folgenden metamorphen Einheiten unterschieden werden: Im Liegenden stehen Gesteine der Gneiss-Amphibolit-Einheit an. Dazu gehören Orthogneise, mit eingeschalteten Amphiboliten und Metagrauwacken, deren Edukte identisch mit Granodioriten und Grauwacken der Lausitz sind. Darüber folgen fünf verschiedene Deckeneinheiten. Diese weisen gleiche lithologisch-geochemische Merkmale auf, die eine Zuordnung zu Sedimentgesteinen und Vulkaniten thüringischer Fazies zulassen. Die Decken lassen sich petrologisch durch ihre unterschiedlichen maximalen Druck- und Temperaturbedingungen voneinander abgrenzen. Die Metamorphite der fünf Hochdruck-Decken unterlagen einer variszischen Subduktion in unterschiedliche Tiefen und stiegen anschließend bis in die mittlere Kruste auf. Die mit dem Aufstieg verbundene Krustenverdickung leitete einen Extensionsprozess ein. Dabei entstand der Kontakt der fünf Deckeneinheiten mit der tiefsten Gneis-Amphibolit-Einheit und der oberen allochthonen Deckeneinheit. Im Tertiär wurde das gesamte Erzgebirgskristallin bruchtektonisch herausgehoben.
The field guide gives an overview of the complex history of the formation of the Erzgebirge crystalline on the basis of twelve selected outcrops. The assignment of geological exposures to metamorphic units is based on the combination and interpretation of geochemical, lithological, petrological and tectonic test results and age data. At the exposure points, comparisons are made with neighbouring geological units such as Lusatia, the Frankenberg and the Münchberg Massif. Along a profile running from the eastern to the central Erzgebirge, the following metamorphic units can be distinguished from the footwall to the hanging wall: In the footwall, rocks of the Gneiss-Amphibolite Unit are present. These include orthogneisses with intercalated amphibolites and metagrauwackes, whose ptotoloiths are identical to granodiorites and greywackes from Lausatia. Above these are five different metamorphic units. These have the same lithological-geochemical characteristics, which allow them to be assigned to sedimentary rocks and volcanites of the Thuringian facies. The nappe units can be distinguished petrologically by their different maximum pressure and temperature conditions. The metamorphic rocks of the five high-pressure nappes underwent Variscan subduction to different depths and subsequently rose into the middle crust. The crustal thickening associated with the ascent initiated an extensional process. This brought the five nappes into contact with the deepest Gneiss-Amphibolite Unit and the upper allochthonous nappe unit. In the Tertiary, the entire Erzgebirge crystalline was tectonically uplifted.
Geochemie, Geologisches Modell, Lithologie, Petrologie, Varisziden
Geochemistry, geological model, lithology, petrology, Variscides
Das Erzgebirge bildet den Nordwestrand der Böhmischen Masse und befindet sich am Ostrand der Varisziden. Es besteht aus einer Abfolge von NW–SE streichenden Antiklinorien und Synklinorien und metamorphen Einheiten, die sich durch ihre Bildungsbedingungen, durch ihre geochemischen Signaturen und ihre unterschiedlichen Protolith- und Metamorphosealter voneinander abgrenzen lassen. Der Aufbau des Erzgebirges ist sehr komplex. Bis jetzt sind noch nicht alle Fragen zur Untergliederung und zur metamorphen Entwicklung umfassend geklärt. Im Osten grenzt die Elbezone, eine seit dem Unterkarbon aktive Blattverschiebungszone, an das Erzgebirgskristallin. Sie stellt die Grenze von hochruckmetamorphen Einheiten und nur niedrigmetamorphen Phylliten der Elbezone dar. Im Nordwesten folgt auf die hochkristallinen metamorphen Einheiten des Erzgebirges eine nur gering metamorph überprägte Phyllitzone, an die sich in westlicher Fortsetzung der Bergaer Sattel und das Thüringische Schiefergebirge anschließen. Granitkörper, wie der Eibenstocker- und Kirchberger Granit, durchschlagen die höher metamorphen Einheiten und entstanden im Zuge der spätvariszischen, Krustenerwärmung und extensionalen Tektonik, in deren Folge die notwendigen Intrusionsräume geschaffen wurden. Im Zuge der alpidischen Gebirgsbildung fand im Tertiär eine bruchtektonische Heraushebung des Erzgebirges statt. Basalte, wie der Scheibenberg und Phonolithe des Westerzgebirges sind Zeugen einer damit verbundenen weitreichenden vulkanischen Aktivität. Das Erzgebirge ist seit dem Mittelalter für seinen Erzreichtum bekannt. Es zählt zu den ältesten Bergbaugebieten Deutschlands. Der Silberbergbau führte schon 1162 zur Gründung der Bergstadt Freiberg und verhalf ihr zu frühem Reichtum (Stadtgeschichte von Freiberg). Silber, Zinn, Wolfram, Gold, aber auch Lithium und Uran wurden hier abgebaut. Die Quelle dieser Erze sind altpaläozoische Lithologien, die schon während ihrer Sedimentation im Ursprungsgestein und während der Metamorphose diese Elemente anreicherten.
Im Laufe der Geschichte wurden unterschiedliche, z. T. konträre Theorien und geologische Konzepte zur Entstehung des Erzgebirges entwickelt. Sie spiegeln den jeweiligen Kenntnisstand wider, der mit den verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Methoden erarbeitet werden konnte. Die Dateninterpretation und die Hypothesen zur geologisch-tektonischen Entwicklung unterlagen zudem konträren Anschauungen, die durch verschiedene Arbeitsgruppen verfolgt wurden.
Auf den ersten Blick scheint vom Westrand zum mittleren Erzgebirge der Metamorphosegrad der Gesteine kontinuierlich anzusteigen. Auf eine Phyllitzone im Westen folgt in östlicher Richtung zunächst eine Glimmerschiefer- und dann eine Gneiszone im zentralen Teil des Erzgebirges. Es entsteht der Anschein eines zwiebelschaligen Aufbaus. Mehreren Deformationsphasen, z. T. liegende und überkippte Faltenstrukturen und späte S-C-Gefüge, weisen auf eine komplexe tektonische Entwicklung hin.
Eine intensive Erforschung des Erzgebirges wurde durch umfangreiche Kartierungsarbeiten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erstmals möglich. Die Spezialkartierung von Sachsen durch Sauer, Gäbert oder Beck gab einen detaillierten Überblick zur Verbreitung der unterschiedlichen Metamorphite des Erzgebirges.
Ein konträres Modell zur Entstehung des Erzgebirges entwarfen
Seit den 1990-iger Jahren stand das Erzgebirge u. a. durch das Schwerpunktprogramm „Orogene Prozesse, ihre Quantifizierung und Simulation am Beispiel der Varisciden“ erneut im Mittelpunkt petrologischer-, geochemischer- und tektonischer Untersuchungen. Im Ergebnis dieser Forschungsarbeiten entstand ein neues Bild zur Entwicklung des Erzgebirges (Abb.
Darüber hinaus gelang es, lithologisch-geochemisch vergleichbare, sich wiederholende Gesteinsassoziationen paläozoischen Ursprungs diesen HP-Einheiten im West- und mittleren Erzgebirge zuzuordnen (
Umfangreiche Altersdatierungen zur Bestimmung der Eduktalter der Metamorphite des Erzgebirges zeigen im Wesentlichen zwei wichtige Gruppen: Orthogneise, deren Eduktalter 550–530 Ma (
Zirkonalter von 360, 350 und 340 Ma (Kröner und Mingram 2007;
Vereinzelt wurden ältere Metamorphosealter von 390–370 Ma ermittelt, deren Einordnung zunächst schwierig schien, die aber mit den Metamorphosealtern der Zwischengebirge (Münchberg, Frankenberg, Wildenfels) korreliert werden können. Die dazugehörigen Metamorphite unterscheiden sich durch ihre chemische Signatur von den hochmaturen metamorphen HP-Einheiten thüringischer Fazies des Erzgebirges und können eher mit der bayerischen Fazies bzw. mit Inselbogensignaturen verglichen werden. Diese Metamorphite gehören also wahrscheinlich zu einer separaten, älteren metamorphen Einheit.
Mit der Kontinent-Kontinent-Kollision verbunden war eine Krustenverdickung, die zusammen mit dem Aufstieg heißer Metamorphite aus der Subduktionszone zu Schmelzbildungen führte. Erst gegen Ende der Extension wurde der Raum für Granitintrusionen frei. Das belegen auch die Datierungen an undeformierten Graniten, deren Bildungsalter im Bereich von 325 bis 318 Ma liegen (
Der Ursprung für den Erzreichtum liegt in einer extremen Verwitterung an der Grenze vom Kambrium zum Ordovizium, die zur frühen Anreicherung von Elementen wie Zinn, Silber, Gold, Uran oder Lithium in den unterschiedlichen, frühpaläozisch entstandenen Sedimenten führte (
Die tektonische Entwicklung des Erzgebirges kann in mehrere Phasen untergliedert werden. Die ältesten Strukturen (D1) sind ausschließlich als Mikrofaltung in Mikrogefügen erhalten geblieben. Die Hauptfoliation (D2) mit mylonitischen bis feinkörnigen Gefügeregelungen folgt einem E–W-Streckungslinear und wird von einem erneuten Mineralwachstum begleitet. Der Übergang in ein typisches S-C-Gefüge (D3), in dem Quarz, Feldspat und vor allem neu gewachsene Hellglimmer eingeregelt sind, markiert die späte Phase der Extension im Erzgebirge (D3). Diese wird durch eine Krustenverdickung in Folge des Aufstiegs der HP-Einheiten aus der Subduktionszone ausgelöst und führt in den oberflächennahen Bereichen auch zu passiven Rücküberschiebungen bereits exhumierter, älterer Metamorphite (390–370 Ma). Die in die Rücküberschiebung einbezogenen Kristallinbereiche zeigen Parallelen zu den Zwischengebirgen (Frankenberg, Wildenfels, Münchberg). Abbildung
Die komplexe geologische Entwicklung des Erzgebirges führt dazu, dass eine Zuordnung der Gesteine zu einer der genannten metamorphen Einheiten auf Basis von Geländebefunden schwierig ist. Eine genaue und sichere Zuordnung der Metamorphite zu bereits identifizierten HP-Einheiten erfordert eine kombinierte Auswertung von petrologischen, geochemischen und lithologischen Daten und wird durch den Vergleich mit verfügbaren Altersdaten ergänzt. Nur die Kombination verschiedener Untersuchungsmethoden ermöglicht eine prinzipielle Einordnung in definierte Erzgebirgseinheiten und damit eine Gruppierung und Klassifizierung der Gesteine des Erzgebirges (Tab.
Klassifizierung und Gruppierung der Metamorphite des Erzgebirges.
Table 1.
Classification and grouping of the metamorphites of the Erzgebirge.
Lithologie/Edukte | Eduktalter (Gruppen) | Gesteinschemie | Mineralchemie/ Metamorphose | Metamorphosealter | Tektonik (variszisch) |
Vergleich der HP-Einheiten mit Thüringischer Fazies im Westerzgebirge und Mittleren Erzgebirge (Hochmature Sedimente und bimodale Vulkanite) | 480–500 Ma | Gleiche Gesteinschemie der lithologisch wiedererkennbaren Einheiten in Thüringen und im Erzgebirge (Phycoden-, Frauenbach-, Gräfenthal-Formation; bimodale Vulkanite (kambrisch) | Mineralchemie spiegelt Chemie der unterschiedl. Lithologien wider; Durch Ableitung der PT-Pfade der Metamorphose der Gesteinsassoziationen können HP-Einheiten mit unterschiedlichen PT-Maxima unterschieden werden | 360–358 Ma (prograde Metamorphose; 340 Ma (P-T-Maxima); 336–332 Ma (Abkühlalter) | Subduktion-Kontinent-Kontinent-Kollission-Krustenverdickung-Extension (Hochdruck-Metamorphose, metamorphe Einheiten gleicher Lithologie mit verschiedenen PT-Maxima) |
Vergleich Osterzgebirge mit Lausitzer Granodioriten | 550–570 Ma (cadomisch) | Gleiche Gesteinschemie Granodiorite-Lausitz und Metagranodiorite Osterzgebirge | Bestimmung der PT-Maxima für variszische Überprägung der Lausitzer Granodiorite im Erzgebirge möglich | 340 Ma (PT-Maximum) 335–332 Ma (Abkühlalter) | Subduktion in geringere Tiefe (Mitteldruck-Metamorphose) |
Vergleich von Deckenrelikten im Erzgebirge mit varisz. Zwischengebirgen (Münchberg, Frankenberg, Wildenfels) | 480–500 Ma | MORB-Inselbogensignaturen, Grauwacken | Bestimmung der PT-Maxima der Metamorphose | 390 Ma (PT-Maximum) 370–320 Ma (Abkühlalter) | Subduktion des Inselbogens (Hochdruck-Metamorphose) Frühere Obduktion im Vgl. zu HP-Einheiten Thüringischer Fazies im Erzgebirge-Rücküberschiebung auf die HP-Einheiten Thüringischer Fazies während der Extension |
Anhand lithologischer, geochemischer und petrologischer Merkmale können die Metasedimente des Erzgebirges sehr gut mit den definierten stratigraphischen Einheiten des Thüringischen Normalprofils des Schwarzburger Sattels (
Geochemische Vergleiche zeigen, dass die feldspatführenden Schiefer der Phycoden-Formation und der Gräfenthal-Formation große Übereinstimmung aufweisen. Die Gräfenthal-Formation unterscheidet sich nur durch mittlere bis hohe C-org-Anteile von der Phycoden-Formation und weist etwas höhere Lithium-Gehalte gegenüber der Phycoden-Formation auf. In den höher metamorphen Einheiten sind Sr und Ca gegenüber der Referenzgruppe der Tonschiefer des Schwarzburger Sattels verarmt (
Typisch an der Frauenbach-Formation ist die verwitterungsbedingte Verarmung an Na, Sr, Ca, Li und Ni und eine Anreicherung an großionigen Kationen wie K, Rb, Cs und Ba. Das spricht für eine starke, extreme Verwitterung im Liefergebiet (
Zu der Gesteinsassoziation der beschriebenen Metasedimente gehören Metarhyolithe und Metabasalte, die ursprünglich durch einen Riftvulkanismus entstanden sind. Riftgebundene Kalke kommen, zu Marmoren überprägt, ebenfalls zusammen mit den Metasedimenten vor. Abbildung
Die P-T-Daten der Metamorphite wurden auf Basis petrographischer Auswertungen der Mineralgleichgewichte im Dünnschliff und mit Hilfe konventioneller Geothermobarometrie ermittelt. Die Berechnung von Pseudoschnitten erfolgt unter Verwendung der Gesamtgesteinszusammensetzung von Gesteinen in Mol % und bildet die Grundlage für die Berechnung von Gleichgewichtsbedingungen in einem ausgewählten P-T-Bereich. Unter Anwendung der THERIAK-DOMINO-Software, eine von Capitani entwickelte Programmsammlung zur Berechnung und zum Plotten thermodynamischer Funktionen von Mineralphasen und Mineralzusammensetzungen, können die „Pseudoschnitte“ berechnet und die Stabilitätsbereiche der Mineralphasen in einem Gestein eingegrenzt werden (Abb.
Aufschluss 1 granodioritischer Orthogneis mit Metabasitlinsen
· Am Bahnhof Lauenstein-Osterzgebirge
· Koordinaten: 50°47’11.4”N, 13°48’49.5”E
Im Zentral- und Ostteil des Erzgebirges sind granodioritische Gneise und Metagrauwacken aufgeschlossen, die eine amphibolitfazielle, variszische Überprägung bei 6–8 kbar und 650 °C erfahren haben (Abb.
Ein Teil der Lausitzer Granodiorite und Grauwacken wurde als allochthone Einheit in die spätere variszische Orogenese des Erzgebirges einbezogen und unterlag dabei einer amphibolitfaziellen Metamorphose (Abb.
Die ältesten Ortho- und Paragneise des Erzgebirges sind vorwiegend im Ost- und mittleren Erzgebirge verbreitet, aber auch der Augengneis von Bärenstein im Westerzgebirge weist Bildungsalter von 550 Ma auf. Granodioritische Gneise des Osterzgebirges stehen am Bahnhof Lauenstein an (Abb.
Pseudoschnittdiagramme (THERIAK DOMINO) zur Berechnung der Mineralstabilitätsbedingungen. A Granodiorit-Intrusionstiefe; B Kontaktmetamorphose der Grauwacken; C Variszische Metamorphose der Granodiorite.
Figure 8.
Pseudo-section diagrams (THERIAK DOMINO) for calculating mineral stability conditions. A Granodiorite intrusion depth; B Contact metamorphism of greywackes; C Variscan metamorphism of granodiorites.
Zum Osterzgebirge zählen vor allem die markanten Gneisdome, beispielsweise der Freiberger Gneis und die granodiritischen Gneise von Lauenstein und Glashütte. Die Gneisdome enthalten Amphibolitlinsen. Die Gneise weisen z. T. migmatische Gefüge auf. Auch im Osterzgebirge blieben Relikte der HP-Decken erhalten. Dazu gehören u. a. Eklogite und Orthogneise, die bei Schmiedeberg, im Tal der Wilden Weißeritz anstehen oder die Phyllite und Glimmerschiefer von Rehefeld. Im Ergebnis der Heraushebung des Erzgebirgskristallins im Tertiär, die nicht gleichmäßig erfolgte, sind heute die geologisch tiefsten Einheiten des Erzgebirgskristallins freigelegt.
Im Ergebnis umfangreicher Zirkon-Altersdatierungen an Gneisen des Erzgebirges konnte
a) 575 Ma
b) 540–530 Ma
c) 500–470 Ma.
Gneise der MP-MT-Gneis-Amphibolit-Einheit können in die Gruppen a und b eingeordnet werden. Der Gneiskomplex von Katharinaberg-Reitzenhain wurde von
Aufschluss 9
Granatpyroxenit im Kontakt mit Eklogit und Metarhyolith
· Steinbruch Zöblitz
· Koordinaten: 50°39’25.2”N, 13°14’24.0”E
· Gesteine: Orthogneis (Metarhyolith), Eklogit, Granatpyroxenit
· Verbreitung der Metamorphite der UHP-HT Einheit: Flöha Zone, Saidenbachtalsperre bei Forchheim, Zöblitz, Ansprung
Im Zentralteil des Erzgebirges sind die am tiefsten subduzierten Metamorphite aufgeschlossen. In einer N–S-streichenden Zone (Flöha-Zone) befinden sich Aufschlüsse der UHP-HT-Gneis-Eklogit-Einheit, z. B. im Gebiet der Saidenbachtalsperre, bei Zöblitz, und Ansprung. Eklogite und Granatpyroxenite kommen assoziiert mit Metarhyolithen, granat- disthenführenden Gneisen und granat- disthen- und graphit-, diamantführenden Gneisen vor. Neben den Diamantfunden ist der Serpentinitsteinbruch von Zöblitz, in dem bis heute Granatpyroxenit abgebaut wird, berühmt und weltweit bekannt. Unweit von Zöblitz sind auf einer Anhöhe bei Ansprung Eklogite, quarzitische, feinkörnige bis mylonitische Gneise und Metarhyolithe aufgeschlossen. (Abb.
A Dünnschliffbild eines Paragneises von Zöblitz (Vergrößerung 25-fach); B Gefügebild eines Orthogneises von Zöblitz (Vergrößerung 25×); C Phengit mit braunen Biotitsäumen aus einem Orthogneis von Zöblitz (Vergrößerung 50×); D Granatzonierung in einem Paragneis von Zöblitz.
Figure 13.
A Thin section image of a paragneiss from Zöblitz (magnification 25×); B micrograph of an orthogneiss from Zöblitz (magnification 25×); C phengite with brown biotite fringes from an orthogneiss from Zöblitz, (magnification 50×); D garnet zoning in a paragneiss from Zöblitz.
Ergebnisse der konventionellen Geothermobarometrie (
Table 2.
Results of conventional geothermobarometry (
Mineralbestand | |
Eklogit | Grt-Omp I-Amp I-Qz-Ph-Ky-Omp II-Amp II-Pl-Bt-Zo-Ap-Zrn |
Granatpyroxenit | Cpx-Opx-Grt-Amp-Bt-Pl-Rt-Ilm |
Granatperidotit | Cpx-Opx-Ol-Grt-Amp-Bt-Rt-Ilm-Chl |
P-T-Daten | |
Eklogit | Stadium 1: 28–30 kbar, 850–930 °C, Stadium 2: 15 kbar, 800 °C |
Granatpyroxenit | Stadium 1: 30–35 kbar, 850–930 °C, Stadium 2: 18–26 kbar, 800 °C |
Geothermobarometrie |
|
Die Untersuchung mikrodiamantführender Metasedimente im Saidenbachit durch
Aufschluss 5
granat-, disthenführende Schiefer, anstehende Felsen im Wald, Lesesteinvorkommen von Eklogit, Metarhyolith und Augengneis
· Sportplatz Kühberg
· Koordinaten: 50°38’34.8”N, 13°14’49.2”E
Aufschluss 8
plattiger Metarhyolith, anstehend an Felswand
· Hammerwerk Schmalzgrube
· Koordinaten: 50°31’33.6”N, 13°08’02.4”E
In einer im Westen an die UHP-HT-Gneis-Eklogit-Einheit anschließenden N–S-verlaufenden Zone ist die HP-HT-Gneis-Eklogit-Einheit aufgeschlossen. Auch in dieser Einheit findet sich die bunte Gesteinsassoziation thüringischer Fazies wieder. In den Aufschlüssen sind Eklogite, Metarhyolithe (ehemalige bimodale Vulkanite) assoziiert mit feldspatfreien, granat- disthenführenden Schiefern (Frauenbach-Formation), mit feldspat-, granat und disthenführenden Schiefern (Phycoden-Formation) und graphit-, granat- und disthenführenden Schiefern (Gräfenthal-Formation) aufgeschlossen. Zu dieser Zone gehören auch Granatpyroxenite mit Hydrogrossular, deren Entstehung noch nicht vollständig geklärt ist. Sie kommen assoziiert mit Magnetit vor, der z. B. in Niederschmiedeberg als Eisen-Lagerstätte abgebaut wurde. Diese Granatpyroxenite wurden früher als Skarne angesehen. Niedrige O-Isotopenwerte der Minerale Granat, Klinopyroxen und des Gesamtgesteins von etwa ð18 O 3,4 ‰ deuten darauf hin, dass die Protolithe Mantelgesteine waren und lassen die Hypothese zu, dass im Kontakt mit Meerwasser eine metasomatische, hydrothermale Überprägung der basischen Vulkanite stattgefunden hat. Das würde dafürsprechen, dass Mafite und Ultramafite bereits im kambro-ordovizischen Rift assoziiert und dort einer hydrothermalen Überprägung durch Kontakt mit Meerwasser ausgesetzt waren. Anschließend wurden diese Gesteine im Unterkarbon wahrscheinlich in die variszische Orogenese einbezogen und mit den umliegenden Gesteinen gemeinsam subduziert. Im Aufschluss Kühberg (5) stehen granat- disthenführende-, feldspatfreie Glimmerschiefer an. Ihr hoher SiO2-, Al2O3-, FeO- und K2O-Anteil und ihr geringer Na2O-Gehalt spiegelt sich auch in der Mineralzusammensetzung wider. Zum Mineralbestand gehören viel Quarz (Si), Hellglimmer (K), Disthen (Al), Almandin (Fe). Plagioklas fehlt auf Grund des geringen Na-Gehalts im Gesamtgestein der Frauenbach-Formation. In der Umgebung von Kühberg, Jöhstadt und Schmalzgrube sind Metarhyolithe, graphitführende granat- und disthenführende Glimmerschiefer, granat-, disthen- und feldspatführende Glimmerschiefer und Eklogite dieser metamorphen Einheit, vorwiegend als Lesesteine, aufgeschlossen (Abb.
Die maximalen P-T-Bedingungen der HP-HT-Gneis-Eklogit-Einheit liegen bei < 26–27 kbar und 620 °C. In einem Eklogit konnte Coesit durch RAMAN-Spektroskopie nachgewiesen werden (unveröffentl. Daten), sodass das P-Maximum im Coesitfeld liegt. Das bedeutet, dass auch in dieser metamorphen Einheit die Drücke noch höher als angenommen waren. Wie in anderen HP-Einheiten der Welt stellt sich auch hier die generelle Frage, ob die sauren und basischen Metamorphite eine gemeinsame Metamorphose bis zum Druck-Peak erlebt haben oder nicht. Die Beweise dafür oder Gegenbeweise lassen sich oft nur auf indirektem Weg erbringen und bis heute gibt es konträre Meinungen dazu.
Links: Aufschluss 5 Kühberg mit anstehenden feldspatfreien, granatführenden Glimmerschiefern; rechts: Aufschluss 8 anstehende Orthogneise (Metarhyolithe) von Schmalzgrube.
Figure 14.
Left: Outcrop 5 Kühberg with feldspar-free, garnet-bearing mica schists; right: outcrop 8 orthogneisses (metarhyolites) from Schmalzgrube.
Aufschluss 4
granat-, chloritoidführender Glimmerschiefer
· Am großen Fuchsstein bei Geyer
· Koordinaten: 50°36’00.0”N, 12°54’14.4”E
Aufschluss 6
Eklogit
· Am Kreuzbrückfels bei Oberwiesenthal
· Koordinaten: 50°27’03.6”N, 12°59’31.2”E
Aufschluss 7
Feldspatfreie, granat-, chloritoidührende Glimmerschiefer (Frauenbach-Formation), granat- und feldspatführende Glimmerschiefer (Phycoden-Formation), graphit-, granat- und feldspatführende Glimmerschiefer (Gräfenthal-Formation), Marmor, Eklogit, Orthogneis
· Steinbruch Hammerunterwiesenthal „Am Stümpelfels“
· Koordinaten: 50°27’03.6”N, 12°59’31.2”E
Im Westen der HP-HT-Gneis-Eklogit-Einheit folgt die HP-LT-Glimmerschiefer-Eklogit-Einheit. Auch diese Einheit weist wieder die typische bunte Gesteinsassoziation thüringischer Fazies auf. Besonders gut aufgeschlossen sind die Metamorphite dieser Einheit im Steinbruch „Am Stümpelfels“. Hier wird noch Marmor abgebaut. Der Marmor grenzt im Steinbruch an Eklogit, Metarhyolith (bimodale Vulkanite), feldspatfreie granat- und chloritoidführende Glimmerschiefer (Frauenbach-Formation), feldspat- granat- und chloritoidführende Glimmerschiefer (Phycoden-Formation) sowie an graphitführende Glimmerschiefer (Gräfenthal-Formation) (Abb.
P-T-Entwicklung der Eklogite und Glimmerschiefer (
Table 3.
P-T development of the eclogites and mica schists (
Geothermometrie | Stadium 1 (prograd) | Stadium 2 (P-T-Maximum) | Stadium 3 (retrgograd) | Stadium 4 (Extension) |
Eklogit | 10–12 kbar, 450–500 °C | 22–25 kbar, 550–580 °C | 6–8 kbar, 500–600 °C | — |
Glimmerschiefer | — | 22–24 kbar, 500–520 °C | 6–8 kbar, 500–580 °C | 3–4 kbar, 400–450 °C |
Aufschluss 3
Anstehende Quarz-Phyllite und Granat-Phyllite am Straßenrand
· Kreuzung zwischen Grünhain und Elterlein
· Koordinaten: 50°34’52.1”N, 12°49’47.5”E
Im Westen schließt sich an die Glimmerschiefer-Eklogit-Einheit die MP-LT-Granat-Phyllit-Einheit an. In dieser Einheit betrug die erreichte Metamorphosetemperatur nicht mehr als 480 °C und der Maximaldruck, dem die Metamorphite ausgesetzt waren, betrug 8–12 kbar (Rötzler 1996; Schumacher et al. 1998;
Die P-T-Daten dieser Einheit wurden mit Hilfe konventioneller Thermobarometrie ermittelt (Rötzler 1996;
Aufschluss 2
Phyllite
· Schieferloch Dreihansen bei Lössnitz
· Koordinaten: 50°36’52.5”N, 12°44’53.3”E
Am SW-Rand des Erzgebirges grenzen grünschieferfaziell überprägte Phyllite der LP-LT-Phyllit-Einheit an die MP-LT-Granat-Phyllit-Einheit. Auch in dieser Einheit ist die bunte Gesteinsassoziation thüringischer Fazies gut aufgeschlossen, mit nur sehr schwach metamorph überprägten feldspatfreien- (Frauenbach-Formation) und feldspatführenden Phylliten (Phycoden-Formation) und mit Einschaltungen von graphitführenden Phylliten (Gräfenthal-Formation). Das ehemalige Schieferloch Dreihansen in Lössnitz (Abb.
Die Phyllite zeichnen sich durch eine charakteristische Kleinfaltung aus (Abb.
Aufschluss 11
Kontakt von Gneisen mit Amphibolitlinsen der oberen allochthonen Deckeneinheit und angrenzende Glimmerschiefer der HP-LT-Glimmerschiefer-Eklogit-Einheit
· Steinbruch Drebach am Venusberg
· Koordinaten: 50°41’38.4”N, 12°59’52.8”E
Aufschluss 12
Mylonitzone mit quarzitischem Gneis, Konglomeratgneis und Augengneis (
· Kunstgraben Mittelsaida
· Koordinaten 50°46’09.3”N, 13°19’04.8”E
An verschiedenen Punkten im Erzgebirge werden die Hochdruckeinheiten und die MP-MT-Gneis-Amphibolit-Einheit des Osterzgebirges von einer oberen allochthonen Deckeneinheit überlagert. Die Gesteine dieser Einheit haben eine andere geochemische Signatur, die eher vergleichbar mit der bayerischen Fazies ist. Die Edukte der Glimmerschiefer und Gneise sind überwiegend Grauwacken mit basischen Einschaltungen (Abb.
Die Untersuchung dieser Einheit ist noch nicht abgeschlossen. Der Beleg für die Existenz einer oberen allochthonen Einheit müsste durch weitere Altersdatierungen und petrologische sowie tektonische Untersuchungen belegt werden. Auffällig ist, dass mit Glimmerschiefern, Amphiboliten und Zweiglimmergneisen dieser Einheit häufig auch Konglomeratgneise auftreten. Deren geologische Stellung ist bisher noch unklar. Die z. T. stark deformierten Konglomerate sind in eine nur gering metamorph überprägte feinkörnige Matrix eingebettet. Im Zuge der spätvariszischen Extension könnten die Konglomeratgneise zusammen mit Gesteinen der oberen allochthonen Einheit auf die Hochdruckeinheiten des Erzgebirges überschoben worden sein.
Die synoptische Zusammenfassung der P-T-Pfade aller bisher identifizierter metamorpher Einheiten im Erzgebirge zeigt Abbildung
a) 555–537 Ma: subduktionsbedingte Schmelzbildung und Platznahme cadomisch intrudierter Granodiorite und Granite über der proterozoischen Subduktionszone
b) 491–479 Ma: Platznahme von bimodalen Vulkaniten und Intrusivgesteinen während der Kambro-Ordovizischen Riftentwicklung
Während der cadomischen Subduktion kam es am passiven Kontinentalrand (Gondwana) zur Schmelzbildung von Oberkruste (Grauwacken). Die Schmelzen stiegen auf und kristallisierten zu Granodioriten (555–537 Ma) aus (A). Die Chemie der heutigen granodioritischen Gneise des Erzgebirges stimmt mit der Chemie der Granodiorite der Lausitz gut überein.
Zu einer zweiten Altersgruppe (B) gehören bimodale Vulkanite und Intrusiva, die während der Öffnung eines Rifts an der Grenze Kambrium-Ordovizium intrudiert sind (491–479 Ma). Sie bilden zusammen mit den umgebenden hochmaturen Sedimenten die typische bunte Gesteinsassoziation thüringischer Fazies.
Die umfängliche Arbeit von
a) Metamorphosealter von 400–370 Ma für Metamorphite bayerischer Fazies der Zwischengebirge
b) Metamorphosealter von 360–333 Ma für die bunten Gesteinsassoziationen der HP-Einheiten thüringischer Fazies.
Die Intrusion der Granite des Erzgebirges erfolgte in einem Zeitfenster von 325 bis 318 Ma. Die Zusammenfassung der Altersdatierungen von
Die geologische Entwicklung des Erzgebirges kann grundsätzlich in mehrere Phasen untergliedert werden. Sie beginnt bereits mit der cadomischen Orogenese. Mit der Ausbildung einer Subduktionszone und einem Magmatismus über der Subduktionszone entstanden die Vorläufer einer Gruppe granodioritischer Orthogneise des Erzgebirges. Die Grauwacken des passiven Kontinentalrandes von Gondwana unterlagen teilweise einer Schmelzbildung und intrudierten über der Subduktionszone in ein höheres Niveau. Dort kristallisierten sie im Zeitraum von 550–530 Ma zu Granodioriten aus und verursachten in den Rahmengesteinen eine Kontaktmetamorphose. Nach dem Erliegen der Subduktion bildete sich im Back Arc-Bereich zwischen 500–478 Ma erneut ein Rift aus (Abb.
Die tektonische Entwicklung im Erzgebirge lässt sich in drei wesentliche Phasen unterteilen. Eine ältere Faltung (S1) ist nur noch im Dünnschliff erkennbar und als Mikrofaltung, beispielsweise eingeschlossen in Granat, erhalten geblieben. Die E-W-Hauptfoliation besitzt eine überwiegend mylonitische Ausprägung, teilweise wachsen in der Hauptfoliation Minerale neu, z. B. Feldspat, Quarz und Glimmer. Die Hauptfoliation wird in einem flachen Winkel durch S3 geschnitten. S3 markiert die Extensionsphase, die einer Krustenverdickung im Erzgebirge folgt. In S3 sind neu gewachsene Hellglimmer und Quarzkristalle eingeregelt. Während der Extension erfolgt die Rücküberschiebung älterer, bereits exhumierter metamorpher Einheiten der oberen allochthonen Deckeneinheit auf die HP-Einheiten des Erzgebirges (Abb.
Geologisches Modell zur Entwicklung des Erzgebirges (aus
Figure 27.
Geological model for the development of the Erzgebirge (from
Tektonische Entwicklung im Erzgebirge: A Ausbildung der Hauptfoliation bei D2 und anschließende Extension bei D3; B Rücküberschiebung bereits exhumierter, älterer Metamorphite auf die HP-Einheiten des Erzgebirges während der Extension.
Figure 29.
Tectonic development in the Erzgebirge: A Formation of the main foliation at D2 and subsequent extension at D3; B Back-thrusting of already exhumed, older metamorphic rocks onto the HP units of the Erzgebirge during extension.
Abbildung