Research Article |
Corresponding author: Birgit Niebuhr ( editor-stratigraphy@geologica-saxonica.de ) Academic editor: Jan-Michael Lange
© 2023 Birgit Niebuhr.
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Citation:
Niebuhr B (2023) Stratigraphie und Korrelation der Quadersandsteine der oberen Elbtal-Gruppe (Mittelturonium–Unterconiacium, Sächsisches Kreidebecken) – Resümee und neue Ansätze. Geologica Saxonica – Journal of Central European Geology 69: 1-21. https://doi.org/10.3897/gs.69.e109371
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Die für die Sächsische Schweiz charakteristischen massigen Sandsteine der oberen Elbtal-Gruppe (Mittelturonium–Unterconiacium) wurden syntektonisch von der aufsteigenden Lausitz im Nordosten geschüttet und reichen bis Pirna, wo sie mit dünneren, tonig-mergeligen Zwischenschichten wechsellagern. Für die rechtselbischen Sandsteine der Sächsischen Schweiz erarbeitete
The Middle Turonian–Lower Coniacian massive quartzose sandstones of the upper Elbtal Group of the Saxonian Switzerland were syntectonically shed from the rising Lusatian Massif in the southeast and reach Pirna, were they alternate with thinner, clayey-marly intercalations. For the sandstones exposed on the right-hand Elbe River bank,
Sachsen, Oberkreide, Elbsandsteingebirge, Quadersandsteine, Stratigraphie, Korrelation
Saxony, Upper Cretaceous, Elbsandsteingebirge, Quader sandstones, stratigraphy, correlation
Die Elbtalkreide (Cenomanium–Mittelconiacium, untere Oberkreide) ist ein klassisches Gebiet der geologisch-paläontologischen Forschung in Deutschland und in Bezug auf ihre Fossilführung, Stratigraphie und Sedimentologie seit fast 200 Jahren intensiv untersucht worden. An dieser Stelle sei stellvertretend nur auf einige wesentliche historische Arbeiten verwiesen:
Das Sächsische Kreidebecken (SKB) liegt am Nordostrand des Böhmischen Massivs, das einen Teil der großen Mitteleuropäischen Insel bildet (
So ist die sächsische Kreide zweigeteilt: die Sedimente des Untercenomaniums bis unteren Mittelturoniums (untere Elbtal-Gruppe) wurden im Zuge mehrerer großer Transgressionen während eines eustatischen Meeresspiegelanstiegs von bis zu 100 m etwa 6,5 Millionen Jahren lang maßgeblich vom Erzgebirge im Südwesten angeliefert (
Vereinfachte Paläogeographie am Südwest- und Nordost-Rand des Böhmischen Massivs als Teil der Mitteleuropäischen Insel; a während der aus Norden kommenden kretazischen Transgressionen der unteren Elbtal-Gruppe (Untercenomanium bis unteres Mittelturonium;
Figure 1. Simplified paleogeographic situation at the southwestern and northeastern margin of the Bohemian Massif as a part of the Mid-European Island; a during the Cretaceous transgressions of the lower Elbtal Group proceeded from the north (Lower Cenomanian to lower Middle Turonian;
Revidierte Chrono-, Bio- und Lithostratigraphie des höchsten Cenomaniums bis Mittelconiaciums der Elbtalkreide des Sächsischen Kreidebeckens (stark verändert nach
Figure 2. Revised chrono-, bio- and lithostratigraphy of the uppermost Cenomanian to Middle Coniacian of the Elbtal Cretaceous in the Saxonian Cretaceous Basin (strong modified after
Standardprofil der Sächsischen Schweiz. Der Turonium–Unterconiacium-Abschnitt ist angelehnt an die Lamprecht’sche Sandstein-Gliederung (
Figure 3. Standard section of the Saxonian Switzerland. The Turonian–Lower Coniacian interval is based on the Lamprecht sandstone-subdivision (
Für die rechtselbischen Quadersandsteine der Sächsischen Schweiz (Mittelturonium bis Unterconiacium) erarbeitete
Der wichtigste Leithorizont der Lamprecht’schen Gliederung in der Sächsischen Schweiz ist zweifellos der Sandstein b (Abb.
Der obere Abschnitt von Sandstein b bildet die Basis des Bastei-Felsens. In den berühmten Weißen Brüchen etwa 600 m weiter elbabwärts, die das Panorama des rechten Elbufers zwischen Wehlen und Rathen maßgeblich prägen (
Blick vom nördlichen Gipfel der linkselbischen Kaiserkrone auf die rechtselbischen Schrammsteine mit den Sandstein-Stufen, Grenzhorizonten und der Formationsgliederung (
Figure 4. View from the northern summit of the Kaiserkrone on the left Elbe bank to the Schrammsteine on the right Elbe bank, with sandstone steps, border horizons and formation subdivision (
a Die Lamprecht’sche Sandstein-Gliederung in der Sächsischen Schweiz am Beispiel der Vorderen Schrammsteine (
Table 1. a The Lamprecht sandstone-subdivision of the Saxonian Switzerland on the example of the Vordere Schrammsteine (
Zwischen Wehlen, Pirna und entlang der Wesenitz liegt das vermutlich älteste Steinbruchgebiet der Sächsischen Schweiz (
Dem ebenfalls 50–60 m mächtigen, massigen und stark verkieselten Herrenleite-Sandstein (≙ Sandstein d), der heute noch in der Mühlleite in Lohmen und südlich davon in Dorf-Wehlen gebrochen wird (
Der δ2-Horizont der Sächsischen Schweiz an der Basis von Sandstein e wurde bisher mit dem Brausnitzbach-Mergel korreliert (z. B.
Die Mibus’schen Gliederung (M.-S. = Mibus-Stufe), in der M.-S. c1 dem Sandstein b von
Table 2. a The Mibus subdivision (M.-S. = Mibus Stage) in which the M.-S. c1 is equivalent to the Sandstone b of
In seiner Doktorarbeit präsentiert
Ein graphischer Vergleich des „alten“ Schemas von
Gegenüberstellung der Lamprecht’schen Gliederung (
Table 3. Comparison of the Lamprecht subdivision (
Damit hatte der massige, mittel- bis grobkörnige und stark silifizierte Sandstein b, der wichtigste Leithorizont in der Sächsischen Schweiz (siehe Abb.
Die heute gültige Definition der Schrammstein-Formation mit der Integration der „Rathewalde-Schichten“ von
(1.) Das annähernd zeitgleiche Erstauftreten (FO) des Index-Ammoniten Collignoniceras woollgari und der inoceramiden Muscheln Mytiloides subhercynicus und Mytiloides hercynicus definieren die Basis des Mittelturoniums (cf.
Inoceramus lamarcki hingegen ist das Zonenfossil des mittleren und oberen Mittelturoniums (Sandstein a2+a3, zeitgleicher lamarcki-Pläner, Mittlerer Grünsandstein und Mergel der Räcknitz-Formation) und in diesem Zeitabschnitt weit verbreitet. I. lamarcki überlappt nicht mit den drei genannten Mytiliden, sondern hat sein Erstauftreten erst oberhalb dem von Inoceramus apicalis (
(2.) Der Sandstein a3, der in den rechtselbischen Postelwitzer Steinbrüchen (
(3.) Der Sandstein b mit der Sequenzgrenze SB Tu 3 (basales Oberturonium) ist der wichtigste Leithorizont der Sächsischen Schweiz und reicht bis in die Gegend von Pirna, allerdings bei deutlicher Verringerung seiner Mächtigkeit von 50–60 m im Winterberg-Gebiet (
Der massige Sandstein b der Postelwitz-Formation (unteres Oberturonium) im Lattengrund, Vordere Schrammsteine. a Die fast vollständige Mächtigkeit von ca. 50 m ist in drei oder sechs etwa gleich-mächtige Bänke unterteilt. b Der an der Basis befindliche feinsandige, mürbe α3-Horizont (Fotos: M. Wilmsen 08/2009).
Figure 5. The massive Sandstone b of the Postelwitz Formation (lower Upper Turonian) in the Lattengrund, Vordere Schrammsteine (photographs: M. Wilmsen 08/2009). a The almost complete thickness of ca. 50 m is divided into three or six roughly equally-thick beds. b The fine-grained, crumbly α3 Horizon at the base (photograph: M. Wilmsen 08/2009).
Korrelation zwischen der Sächsischen Schweiz und Pirna. Links: zusammengesetztes Standardprofil der Übergangsfazies bei Pirna; 0–225 m = Bohrung Pirna-Struppen 7006/2001, abgeändert nach
Figure 6. Correlation between the Saxonian Switzerland and Pirna. Left: composed standard section of the transitional facies near Pirna; 0–225 m = borehole Pirna-Struppen 7006/2001, modified after
(4.) Die Basis der mergeligen Strehlen-Formation (Strehlen-Kalkstein und Zatzschke-Mergel), der zeitgleichen sandigen Schrammstein-Formation (Zeichen-Ton und γ3-Horizont), der Lückendorf-Formation des Zittauer Sandsteingebirges, des Hudcov-Kalksteins der unteren Teblice-Formation und der genetischen Sequenz TUR 6/1 der Sandsteinfazies des Böhmischen Kreidebeckens liegt in der M.-labiatoidiformes-/M.-striatoconcentricus-Zone des mittleren Oberturoniums, auch belegt durch das weit verbreitete Auftreten des heteromorphen Ammoniten Hyphantoceras reussianum (
(5.) In der Mibus’schen Gliederung wird der „Tonmergel von Zatzschke“ als „Zwischenzone γ3“ im Hangenden der Mibus-Stufe c3 („Herrenleite-Sandstein“ bzw. „Lohmener Sandstein“) und dem folgenden „Sandstein d“ ausgeschieden (
(6.) Der Sandstein e von
Der fossilreiche, mürbe Porschendorf-Sandstein (höchstes Turonium) ist an seiner Typuslokalität an der Wesenitz-Klamm in über 25 m hohen Wänden aufgeschlossen.
Figure 7. The fossil-rich, crumbly Porschendorf Sandstone (uppermost Turonian) is exposed at its type locality at the Wesenitz gorge in over 25 m high walls.
Reproduktion von
Figure 8. Reproduction of
(7.) Das Leitfossil für den Turonium/Coniacium-Grenzbereich, die inoceramide Muschel Cremnoceramus waltersdorfensis waltersdorfensis, wurde in mehreren Lokalitäten gefunden, u. a. in der Mergelfazies der Strehlen-Formation von Dresden, Pirna-Graupa, Pirna-Zatzschke, aber auch im Brausnitzbach-Mergel nordöstlich von Lohmen (
(8.) Im Turonium sind folgende Sedimentationstrends überliefert: Die Sedimente der Brießnitz- und folgenden Schmilka-Formationen (Unter- bis unteres Mittelturonium) wurden weitestgehend vom Osterzgebirge geliefert (vgl.
Mit dem Einsetzen der Inversionstektonik im unteren Mittelturonium (obere Elbtal-Gruppe; vgl.
(9.) Auffällig an der petrographisch-geomorphologischen Gliederung des Mittel- bis Oberturoniums in der Sächsischen Schweiz sind zwei außerordentlich ähnliche, übergeordnete Sedimentationszyklen (Zyklus a+b und c+d) und der untere Abschnitt eines dritten (
Fossilien zur Definition der Mittelturonium-Basis. a MMG: SaK 5018, Mytiloides hercynicus (Petrascheck, 1903), Zonenfossil (cf.
Figure 9. Fossils for the definition of the base of the Middle Turonian. a MMG: SaK 5018, Mytiloides hercynicus (Petrascheck, 1903), zonal fossil (cf.
Fossilien zur Definition der Oberturonium- und Coniacium-Basis sowie der maximalen Überflutung in der Ablagerungssequenz DS Tu 5. a MMG: SaK 12777, Inoceramus stuemckei Heinz, 1928, Indexfossil der Oberturonium-Basis (cf.
Figure 10. Fossils for the definition of the base of the Upper Turonian and the Coniacian as well as the maximum flooding of depositional sequence DS Tu 5. a MMG: SaK 12777, Inoceramus stuemckei Heinz, 1928, index fossil of the base of the Upper Turonian (cf.
Sedimentationszyklen in der oberen Elbtal-Gruppe der Sächsischen Schweiz. Grün: unterer Abschnitt der Zyklen mit nicht verwitterungsresistenten, heterolithischen Sedimenten; blau: mittlerer Abschnitt mit gut gebankten, überwiegend mittelkörnigen Quarzsandsteinen, die wichtige Werksandsteine lieferten; rot: oberer Abschnitt mit massiven, mittel- bis grobkörnigen Quarzsandsteinen, die eine starke kieselige Zementation aufweisen. Beide vollständige Zyklen beinhalten jeweils zwei 405.000-Jahre-Zyklen der langen Exzentrizität (nach
Figure 11. Sedimentary cycles in the upper Elbtal Group of the Saxonian Switzerland. Green: lower part of the cycles with non-weather-resistant, heterolithic sediments; blue: middle part with well bedded, mostly medium-grained quartz sandstones which supplied important freestones; red: upper part with massive, strong silicified medium- to coarse-grained quartz sandstones. Both complete cycles each contain two 405,000-years-cycles of the long eccentricity (after
Durchschnittliche Mächtigkeiten der lithostratigraphischen Einheiten in der Übergangsfazies bei Pirna (links, nach
(10.) Die Quadersandsteine der oberen Elbtal-Gruppe im Elbsandsteingebirge sind – wie bereits von
Nördlich davon zwischen Liebethal und Porschendorf ist eine Störung und Aufschiebung des älteren „skt3-cn = Herrenleite-Sandstein“ auf den jüngeren „sKcn = Lohmener Sandstein“ verzeichnet (Blatt Dresden Ost,
Auch die von
(11.) Die Kreide-Ablagerungen neigen sich heute in der Umgebung von Pirna mit etwa 2–3° nach Nordosten in Richtung der Lausitzer Überschiebung. Am Fuß des Bastei-Felsens liegt der Top von Sandstein b bei etwa 160 m ü. NHN (Lamprecht in
Blick vom linkselbischen Oberrathen nach Nordwesten auf die rechtselbischen, mittel- bis oberturonen Sandsteine zwischen dem Wartturm und den Weißen Brüchen. Im ca. 70 m hohen Steinbruch steht im unteren Abschnitt der mürbe Sandstein c1+c2 an, gefolgt vom wandbildenden Sandstein c3 / Pirnaer Oberquader der oberen Postelwitz-Formation. Am Wartturm sind über dem γ3-Horizont noch Reste des folgenden Sandsteins d der unteren Schrammstein-Formation erhalten (Foto: M. Wilmsen 02/2023).
Figure 12. Northwestern view from Oberrathen on the left Elbe bank to the sandstones of the Middle and Upper Turonian on the right Elbe bank between the Wartturm and the Weiße Brüche quarries. In the lower part of the ca. 70 m high quarry section the crumbly Sandstone c1+c2 is exposed, followed by the wall-forming Sandstein c3 / Pirnaer Oberquader of the upper Postelwitz Formation. Above the γ3 Horizon at the Wartturm remnants of the following Sandstone d of the lower Schrammstein Formation are preserved (photograph: M. Wilmsen 02/2023).
Die unteren ca. 25 m des massiven Herrenleite-Sandsteins der Schrammstein-Formation (mittleres Oberturonium) aus dem Steinbruch Dorf-Wehlen (
Figure 13. The lower ca. 25 m of the massive Herrenleite Sandstone of the Schrammstein Formation (middle Upper Turonium) from the Dorf-Wehlen quarry (